• Start
  • Menschen
  • Fokus
  • Start
  • Menschen
  • Fokus

Achtsamkeit: Warten, bis das Wasser klar wird

23. September 2021

Bist du im Alltag manchmal gestresst? Schon mit kleinen Übungen kannst du Ruhe und Gelassenheit finden – davon ist Achtsamkeitslehrer Jürgen Kalweit überzeugt. Sequenzen von “aktivem Nichtstun” beruhigen Geist und Körper und fördern Konzentration und Effektivität.

Mit 16 Jahren hat sich Jürgen Kalweit zum ersten Mal mit dem Thema Achtsamkeit beschäftigt. Schon früh wurde er mit existentiellen Fragen und Problemen konfrontiert und hat deshalb damals einen mehrtägigen Schweigekurs besucht. “Zu erkennen, dass der Bauch ohne mein eigenes Zutun atmet, hat mir einen völlig neuen Bezug zu mir selbst gegeben. Das war für mich der Anfang in Sachen Achtsamkeitspraxis”, erinnert sich Jürgen Kalweit. Eine weitere Erfahrung war, “dass Probleme nicht durch Druck und Vehemenz zu lösen sind. Deshalb meditiere ich absichtslos, ohne ein Ziel erreichen zu wollen.”

Stress verursacht laut dem Achtsamkeitslehrer, dass das Hier und Jetzt nicht mehr wahrgenommen werden kann. Im beruflichen Alltag fehlen dem Gehirn dann Pausen, obwohl nur eine Aufmerksamkeitsspanne von rund 90 Minuten möglich ist. Das sorgt langfristig für gesundheitliche Probleme. Jürgen Kalweit vergleicht stressige Situationen mit einem Aquarium, dessen Sand im Wasser aufgewühlt ist. Um das Wasser wieder klar zu sehen, gebe es nur eine Methode: Warten. 

Achtsamkeitslehrer Jürgen Kalweit. Foto: privat

“Dieses aktive Nichtstun kann man trainieren – so wie wir uns in unserem Leben schon viele Gewohnheiten antrainiert haben”, sagt Jürgen Kalweit. In der Stille können Menschen wahrnehmen, wie viel Unruhe in ihnen ist: kreisende Gedanken, belastende Emotionen, schmerzhafte Verspannungen. Insbesondere seit Beginn der Coronakrise führt er regelmäßig Angebote zum Thema Achtsamkeit am Arbeitsplatz durch. Ziel ist es, bei den vielen Videokonferenzen und langen Homeoffice-Tagen gedanklich immer wieder Abstand vom Bildschirm zu nehmen und Selbstfürsorge zu praktizieren. Bereits kleine Übungen können helfen, das Wasser etwas zu klären und den Tag achtsamer und stressfreier zu gestalten.

Übungen? Kostet das im stressigen Alltag nicht wieder Zeit? Jürgen Kalweit widerspricht: “Im Gegenteil. Man spart im Endeffekt sogar Zeit. Zwar muss man erstmal investieren, kommt dann aber am Ende schneller zum Ziel, weil man mit einem freien Kopf kreativer und konzentrierter arbeiten kann.” Manche Übungen kann man buchstäblich “im Vorbeigehen” absolvieren – Jürgen Kalweit stellt im folgenden drei Beispiele vor. Um sie erfolgreich und langfristig in den (beruflichen) Alltag zu integrieren, rät er dazu, einen Achtsamkeitskurs zu besuchen.

Ohne Smartphone in den Tag starten

Wenn der Tag beginnt, ist es für viele Menschen zur Selbstverständlichkeit geworden, zuerst auf ihr Smartphone zu schauen. “Sie sind dadurch sofort in der Außenwelt, obwohl sie noch im Bett liegen. Sie schauen sich ihre Todo-Listen an, checken E-Mails und Nachrichten oder den Kalender”, sagt Jürgen Kalweit. Er rät, das Smartphone erstmal außen vor zu lassen und nach dem Aufwachen bewusst zu registrieren, wie der Körper sich anfühlt. Die Hände auf den Bauch zu legen, sich selbst und seine Bedürfnisse wahrzunehmen und langsam aufzustehen – denn viele Rücken- und Gelenkprobleme entstehen tatsächlich durch das ruckartige Springen aus dem Bett. 

Bewusstes Atmen fördert den Kontakt zu sich selbst

Wer von einem Meeting ins nächste eilen muss, kann sich selbst auf dem Weg verlieren. Alle anderthalb Stunden oder vor dem nächsten Termin zehn Mal bewusst durchzuatmen, kann den Druck rausnehmen und die Effektivität erhöhen. Wichtig ist, dabei in sich hinein zu spüren und Kontakt zu sich selbst herzustellen. In der Stille können Kopf und Körper auch schon einmal unangenehme Mitteilungen geben, dass es ihnen nicht so gut geht. “Dafür sollte man dankbar sein. So kann man reagieren, und wenn man sein Verhalten geändert hat, reagieren Kopf und Körper ebenfalls entspannter”, sagt Jürgen Kalweit. Ein Erinnerungsanker auf dem Schreibtisch hilft dabei, das Durchatmen nicht zu vergessen. Das kann zum Beispiel ein Bild sein, das an eine entspannte Situation erinnert.

Achtsames Gehen: Klarheit im Vorbeigehen

Eine Übung, die im Büroalltag besonders praktisch ist, weil sie kaum auffällt, ist das achtsame Gehen. Wer die Gegenwart bewusst wahrnimmt, steckt nicht länger im Hamsterrad der Gedanken zwischen dem vorherigen und dem nächsten Termin fest. Man beschäftigt sich entweder mit dem vorigen Termin, oder mit dem nächsten. Jürgen Kalweit schlägt vor, beim nächsten Gang zum Büro der Kolleg*innen, in den Sitzungsraum oder zur Büroküche bewusst auf das Gehen zu achten. Wie es sich anfühlt, die Füße auf den Boden zu setzen, Schritt für Schritt, und dabei durchzuatmen. Wer diese Übung anwendet, kann dem Gedankenkarussell quasi “im Vorbeigehen” entkommen und frisch in die nächste Begegnung starten.

Zur Person

Seit mehr als 40 Jahren praktiziert der Essener Jürgen Kalweit Meditations- und Achtsamkeitsübungen. Als Trainer gibt er unter dem Motto “Entspannt und Kreativ” Seminare für Menschen, die Achtsamkeit praktizieren wollen. Bei der Paritätischen Akademie NRW bietet er den Kurs “Achtsamkeit im Arbeitsalltag” an. Zu seiner täglichen Praxis zählt, dass er jeden Morgen mit einer halbstündigen Meditation beginnt.


Artikelfoto: Jared Doyle


AchtsamkeitMeditationResilienz
Teilen

Allgemein  / Top-Themen

Redaktion Bildung erleben

Dir gefällt vielleicht auch

Resilienz kann man üben
10. März 2021

Kommentieren


Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

  • Folgt uns auf

  • Tags

    Digitalisierung Fachmessen Familienbildung Führungskräfte Integration Kinder und Jugendliche Kita Menschenrechte Messen Weiterbildung
  • Kategorien

    • Allgemein (72)
    • Events (6)
    • Fokus (12)
    • Menschen (14)
    • Top-Themen (55)
  • Neueste Kommentare

    • Will Niemer bei Menschen aus den Schulden helfen
    • Redaktion Bildung erleben bei Menschen aus den Schulden helfen
    • Hanna A. bei Menschen aus den Schulden helfen
    • Andreas Lampe bei Das Arbeitsrecht in Zeiten des Coronavirus
    • Diese Messen und Fachtage sind 2021 in der Sozialen Arbeit geplant - Bildung erleben bei Online-Beratung als Schlüssel
  • Archive

    • Februar 2023
    • Dezember 2022
    • November 2022
    • September 2022
    • Juli 2022
    • Juni 2022
    • Mai 2022
    • April 2022
    • März 2022
    • Januar 2022
    • November 2021
    • Oktober 2021
    • September 2021
    • Juli 2021
    • Mai 2021
    • April 2021
    • März 2021
    • Februar 2021
    • Januar 2021
    • November 2020
    • Oktober 2020
    • September 2020
    • Juli 2020
    • Juni 2020
    • Mai 2020
    • April 2020
    • März 2020
    • Februar 2020
    • Januar 2020
    • Dezember 2019
    • November 2019
    • Oktober 2019
    • September 2019
    • Juli 2019
    • Juni 2019
    • Mai 2019
    • März 2019
    • Januar 2019
    • Dezember 2018
    • November 2018
    • Oktober 2018
    • September 2018
    • August 2018
    • Juli 2018
    • Juni 2018
    • Mai 2018
    • April 2018
    • März 2018
    • Februar 2018
    • Januar 2018
    • Dezember 2017
    • November 2017


  • Blog-Infoservice

    Lass dich automatisch per Mail über neue Beiträge in unserem Blog informieren:

    Hinweis: Unser Infoservice ist kostenlos und Du kannst dich jederzeit wieder abmelden.

    Die Angabe von Vor- und Nachnamen ist freiwillig. Unsere Datenschutzbelehrung findest Du hier.

    Toll, dass Du dich einträgst. Bitte prüfe deinen Posteingang oder Spam-Ordner, um dein Abonnement zu bestätigen.

  • Letzte Artikel

    • Studieren im Beruf – kann ich das schaffen? 23. Februar 2023
    • Soziale Arbeit: Besucht 2023 diese Messen und Fachtage 8. Februar 2023
    • Kinder für nachhaltiges Handeln begeistern 8. Dezember 2022
  • Wichtige Links

    • Impressum
    • Datenschutzerklärung
    • Cookie-Einstellungen
    • Sende uns eine Mail
    • Archiv aller Artikel
  • RSS-Feed


internetgarden.de®