Um das Kindeswohl in der Jugend- und Eingliederungshilfe zu sichern, sind pädagogische Fachkräfte unerlässlich. Doch der Fachkräftemangel wächst. Fachreferentin Sabine Schweinsberg vom Paritätischen NRW sieht eine Lösung darin, Quereinsteiger*innen als Betreuungskraft A+ zu qualifizieren.
Frau Schweinsberg, welche Herausforderungen müssen Einrichtungen der Jugendhilfe und Eingliederungshilfe in Sachen Personal aktuell bewältigen?
Der Fachkräftemangel stellt Einrichtungen der Jugendhilfe und Eingliederungshilfe vor große Herausforderungen. Die zentrale Aufgabe ist es, das Kindeswohl zu sichern. Das hängt stark davon ab, ob ausreichend qualifizierte pädagogische Fachkräfte vorhanden sind. Aufgrund der wachsenden Anzahl an Kindern und Jugendlichen, die auf Betreuung angewiesen sind, sowie des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung, wächst der Bedarf an Betreuungspersonal stetig. Gleichzeitig sinken die Bewerbungszahlen, und viele erfahrene Fachkräfte gehen in den Ruhestand. Die Folge: Die Personaldecke wird dünner, und Lösungen sind gefragt.
Zur Person
Sabine Schweinsberg ist Fachreferentin für die Hilfen zur Erziehung beim Paritätischen Landesverband NRW. Unter dem Dach des Verbandes sind mehr als 200 Jugendhilfeeinrichtungen mit Betriebserlaubnis zusammengeschlossen, die sie gemeinsam mit einem interdisziplinären Team berät und unterstützt.
Wieso ist es für eine Organisation empfehlenswert, Quereinsteiger*innen zu qualifizieren?
Um den Fachkräftemangel zu bewältigen, haben die Landesjugendämter ein neues Qualifizierungsmodell entwickelt. Diese strukturierte Qualifizierung wird von den Landesjugendämtern zertifiziert und orientiert sich eng am Berufsalltag in stationären und teilstationären Jugendhilfeeinrichtungen. Dies eröffnet vielen Menschen die Möglichkeit, beruflich in der Jugendhilfe und in Wohnangeboten der Eingliederungshilfe nach §134 SGB lX tätig zu werden, auch ohne die klassische pädagogische Ausbildung. Für Organisationen ist die Qualifizierung ein wichtiger Baustein, um den steigenden Bedarf an Fachpersonal abzudecken und gleichzeitig die Qualität in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen sicherzustellen.
Was haben Mitarbeitende, die bereits als ungelernte Betreuungskräfte arbeiten, von der Ausbildung?
In vielen Einrichtungen gibt es bereits ungelernte Kräfte, die in Fahrdiensten, der Unterstützung bei Schulaufgaben oder in der Haushaltsführung tätig sind. Diese Mitarbeitenden kennen die Einrichtungen, die Teams und die betreuten Kinder oft gut. Gerade für Menschen, die aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind und wertvolle sprachliche und kulturelle Expertise mitbringen, kann die Qualifizierung eine enorme Chance sein.
Die Qualifizierung mit 300 Unterrichtseinheiten ermöglicht es diesen Mitarbeitenden, den Status einer geprüften Betreuungskraft A+ zu erreichen, was ihre Rolle im Team stärkt. Sie können so nicht nur auf Augenhöhe mit Fachkräften arbeiten, sondern auch das Vertrauen und die Offenheit der betreuten Kinder und Jugendlichen fördern – insbesondere bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die von dieser kulturellen Nähe profitieren.
Wie wichtig ist eine qualitativ hochwertige Ausbildung?
Sehr wichtig. Die Arbeit in der Jugendhilfe erfordert eine fundierte und qualitativ hochwertige Ausbildung. Viele Kinder und Jugendliche, die in stationären Einrichtungen aufgenommen werden, haben schwierige Erfahrungen gemacht und haben Beziehungs- und Bindungsstörungen und oft auch herausforderndes Verhalten entwickelt,
die im Alltag zu bewältigen sind. Themen wie Traumata, Verhaltensauffälligkeiten oder kulturelle und soziale Unterschiede müssen kompetent aufgearbeitet werden.
Gut ausgebildete Quereinsteiger*innen tragen nicht nur zur Entlastung des hochqualifizierten Stammpersonals bei, sondern bereichern das Team mit neuen Perspektiven und Kompetenzen. Dies schafft eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Die qualifizierten Mitarbeitenden gewinnen an Anerkennung, während die betreuten Kinder und Jugendlichen die Unterstützung und Orientierung erhalten, die sie dringend benötigen.
Qualifizierung
Ihr sucht eine Fortbildung zur Betreuungskraft A+ für den Quereinstieg in der Jugend- oder Eingliederungshilfe? Die Paritätische Akademie NRW bietet die 300-stündige, qualitativ hochwertige und durch die Landschaftsverbände anerkannte Weiterbildung an. Diese ist stark am Berufsalltag orientiert und bietet euch deshalb direkt Vorteile in der täglichen Arbeit, unter anderem zu Themen wie Gesprächstechniken, Gewaltprävention, Diversität, Kinderschutz und Prävention sexueller Gewalt.
Artikelfoto: drazen/Adobe Stock
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