Wer seinem Geist Widerstandskraft aneignet, kann Krisen leichter überstehen. Es ist möglich, Resilienz genauso zu trainieren wie Muskeln, sagt Business-Coach Corinna Kaufhold. Mit drei alltagstauglichen Tipps könnt ihr sofort ins Resilienz-Workout einsteigen.
Sich Krisensituationen anzupassen ist ein Schlüssel, um schwierige Situationen zu meistern. Burnout-bedingte Fehltage haben sich in den letzten Jahren drastisch gesteigert. Schon vor einiger Zeit wurde festgestellt: Rund jede*r zehnte Mitarbeiter*in leidet an Depression, Stress oder Burnout. Das bedeutet: Es wird immer wichtiger, dafür zu sorgen, möglichst wenig Stresshormone auszuschütten, und auf entsprechende Signale zu achten, wenn die Situation besorgniserregend wird. Dann hilft Resilienz, die geistige Widerstandskraft.

“Man kann Resilienz mit einem Schwamm vergleichen – ein Schwamm kann sich verformen, hat aber die Fähigkeit, in seine ursprüngliche Form zurückzufinden. Bei Krisen ist es ähnlich: Sie können einen schon mal erdrücken. Durch Bewältigungskompetenzen, die ich erlernen kann, finde ich aber wieder zu meiner alten Form zurück. Resilient zu sein bedeutet daher, ein gutes psychisches Immunsystem zu haben”, sagt Corinna Kaufhold, die sich als systemischer Coach schon lange mit dem Thema Resilienz beschäftigt und Seminare dazu anbietet.
Abwehrkräfte sind eben nicht nur für den Körper wichtig, sondern auch für den Geist. Da die beiden sich gegenseitig beeinflussen, hilft es, sowohl Physis als auch Psyche zu stärken. “Entgegen der Meinung, dass Widerstandsfähigkeit allein ein charakterlicher Zug wäre, kann man Resilienz trainieren”, sagt Corinna Kaufhold. Wie beim Workout für den Körper ist es möglich, sich eine achtsame, bewusste und eigenverantwortliche Grundhaltung präventiv anzueignen, und dadurch den Geist in Form zu bringen.
Die folgenden Tipps verlangen von euch keinen großen Aufwand. Ihr könnt sie einfach und schnell im Alltag unterbringen.
Denkmuster unterbrechen
Es gibt Situationen, in denen es schwerfällt, noch Optimismus zu verbreiten. Und manchmal stellt man in Gesprächen fest, dass die Gesprächspartner*innen Ideen gleich abblocken. Wer in so einem Moment neue Gedanken, Perspektiven oder Lösungsvorschläge einbringen möchte, beißt oft auf Granit. Dann fällt in Antworten auf Vorschläge nach jedem vorausgeschickten “Ja” das Wörtchen “aber…”. Ein bekanntes Beispiel ist: “Ja, aber das haben wir noch nie so gemacht”. Kraft und Kreativität erhalten einen Dämpfer. Beim “Yes, and…”-Prinzip wird diese Denkweise durch Achtsamkeit und Offenheit bewusst umgedreht und es lassen sich schrittweise Lösungen entwickeln.
Das funktioniert so: Man fokussiert sich bei einem Vorschlag nicht auf die Faktoren, die dagegen sprechen, sondern auf die Möglichkeiten, die sich zusätzlich ergeben. Also nicht auf das “Ja, aber…”, sondern auf ein “Ja, und…”. Nach dem “und” schlägt man vor, wie die Idee umgesetzt oder noch verbessert werden kann. Dadurch kann man eine positive Verbindung zur Ist-Situation herstellen, auch wenn sie insgesamt nicht optimal ist. Dann geht man optimistisch mit den Mitteln um, die einem zur Verfügung stehen. Diese veränderte Denkweise kann enormen Einfluss darauf haben, wie viel Unzufriedenheit und Stress man sich durch eine negativ eingestellte Sichtweise selbst macht.
Das Positive bewusst machen
Mit kleinen Kniffen kann man auch in stressigen Zeiten positive Momente bewusster wahrnehmen und dadurch verstärken. Ein einfacher Trick: Man legt mehrere Münzen in die rechte Hosentasche, und jedes Mal, wenn etwas Positives passiert, wechselte eine Münze in die linke Tasche. “Es wird selbst an den schlimmsten Tagen gute Momente geben. Und wenn es nur der leckere Tee ist, den man sich zwischendurch aufbrüht. Man verhindert dadurch, dass man in einer negativen Gefühlswelt verharrt. Dieser Kniff hilft ebenfalls ganz gut, wenn man weiß, dass am bevorstehenden Tag viel zu bewältigen ist und man anstrengende Aufgaben oder unangenehme Gespräche vor Augen hat”, sagt Corinna Kaufhold.
Ein positiver Moment, den man durch die Aktion mit der Münze viel bewusster wahrnimmt, kann die Weichen für die Gefühlslage in den kommenden Stunden stellen. Am Ende des Tages kann man den Eindruck, dass es trotz allen Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten noch viele schöne Erlebnisse gibt, durch ein Positiv-Tagebuch verstärken. Eine Mauer der Negativität, die für viele Stresshormone sorgt, wird so durchbrochen.
Die Power-Posen
Es ist wichtig, auf sein Gefühl zu hören und achtsam darauf zu reagieren. Wenn man sich aufgerieben fühlt, können Power-Posen dafür sorgen, dass der Puls sinkt und weniger Stresshormone ausgeschüttet werden. Im Stehen und im Sitzen kann man diese kurzen Übungen leicht in den Alltag zu integrieren. Einfach die Schultern bewusst hochziehen, anstatt sich buchstäblich “hängen zu lassen”. Oder sich wie beim “Äpfel pflücken” mit den Armen nach oben zu strecken. Sich gerade hinzusetzen, den Kopf nach links und rechts zu bewegen, und dann zu nicken, verschafft dem Nacken neue Beweglichkeit.
Von diesen kleinen, schnellen Übungen gibt es zahlreiche. Sie haben gemeinsam, dass die Achtsamkeit für den eigenen Körper hilft, einen neuen Blickwinkel einzunehmen und sich zumindest für einen Moment nicht mit den aktuellen Problemen zu befassen. Und die neu gewonnene Körperspannung hat einen direkten Einfluss auf die Konzentration.
Zur Person
Corinna Kaufhold ist Diplom-Juristin, Mediatorin und systemischer Coach. Bei der Paritätischen Akademie NRW gibt sie Seminare zum Thema Führung, unter anderem das Angebot “Resilienz im Führungsalltag”, das auch im Online-Format die Teilnehmer*innen mit neuen Tipps und Ideen begeistert.
Grafik: Adobe Stock/Konstantin
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