Wie profitierst du als Führungskraft in der Kita von Künstlicher Intelligenz? Kann ChatGPT wirklich deine Arbeit stressfreier gestalten? Reinhard Doerr, der als Supervisor und Berater mit vielen Kitas zusammenarbeitet, erklärt, wie die KI dich unterstützen kann und welche Vorteile sich daraus ergeben.
Herr Doerr, was begeistert Sie selbst an ChatGPT?
Wie viele andere bin ich durch Zeitungsberichte auf ChatGPT aufmerksam geworden und habe es einfach ausprobiert. Zunächst war ich irritiert über die verblüffend differenzierten Antworten. Ich habe dann schnell den Alltagstest gemacht. Ich bin unter anderem für die Ausbildung bei Beratungstelefonen zuständig und habe fiktive Beratungsthemen in ChatGPT eingegeben. Ich war positiv überrascht von der hohen Qualität der Antworten.
Mittlerweile nutze ich ChatGPT, als wäre es eine Kollegin oder ein Kollege im Büro. Eins zu eins kann und sollte man die Ergebnisse nicht übernehmen. Jedoch bekommt man Ideen und Grundlagen, an denen man sich orientieren kann. Je spielerischer man an die Sache heran geht, Offenheit mitbringt und das System mit relevanten Informationen füttert, desto besser sind die Ergebnisse.
ChatGPT und die Kita – wie passt das zusammen?
Sehr gut. Führungskräfte in der Kita können ChatGPT nutzen, um einfache, administrative Aufgaben effizienter zu erledigen und sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Kitaleitungen verbringen mit diesen Tätigkeiten viel Zeit im Büro, entwerfen Texte, Präsentationen, Tabellen, Briefe oder Einladungen. Mit Unterstützung der KI gehen diese Aufgaben schneller und leichter von der Hand.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Anwendungsbeispiele. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine*n Praktikant*in in der Einrichtung und möchten das Thema Aufsichtspflicht vertiefen. Anstatt die Person selbst lange Veröffentlichungen zum Thema lesen zu lassen, kann ich mit ChatGPT die relevanten Kernaussagen herausfiltern und zusammenfassen, um die Komplexität angemessen zu reduzieren. Das Programm kann mich auch dabei unterstützen, Konzepte zu entwerfen, zu strukturieren und zu überprüfen. Hier beherrscht es verbreitete Standardverfahren.
Bei plötzlichem Personalausfall kann ich mit ChatGPT schnell einen Notfallplan für Eltern formulieren. Unter Zeitdruck hilft es, sich einen Text erstellen zu lassen, ihn kurz gegenzulesen und man ist den Stressfaktor los, die Nachricht selbst gestalten zu müssen. Das Programm ist auch in der Lage, den Text in verschiedene Sprachen zu übersetzen.
Darüber hinaus schult ChatGPT meine eigenen Kompetenzen durch Reflektion und Übung. Kritische Personalgespräche kann ich mit der KI trainieren – ich gebe die Hintergründe ein und übe meine Antworten wie in einem Rollenspiel. Das kann eine hilfreiche Vorbereitung auf ein Gespräch sein, die sogar Spaß machen kann und das eigene Vokabular für solche Situationen erweitert.
Zur Person
Reinhard Doerr ist Sozialarbeiter grad., Supervisor und Trainer. Er gibt Seminare zum Thema Führen und Leiten in der Kita bei der Paritätischen Akademie NRW. Darunter sind auch Fortbildungen zum Thema ChatGPT für Leitungskräfte in der Kita.
Wie nutze ich die KI für kreative pädagogische Ideen?
ChatGPT kann sehr gut genutzt werden, um schnell und mit geringem Aufwand neue Ideen zu gewinnen und umzusetzen. Die KI liefert interessante Impulse, etwa für Spielideen im Wald oder für Morgenkreisspiele. Die Prompts, also die Befehle, die man eingibt, lesen sich dann in etwa so: „Unsere Kita liegt am Waldrand, wir gehen jede Woche in den Wald, um zu spielen – welche Vorschläge hast du für Spielideen?“. „Schlage mir Morgenkreisspiele zum Thema Winter vor – bitte nicht länger als 15 Minuten und mit viel Bewegung.“ Oder, im Sinne der Gestaltung der Einrichtung, „Wir sind eine Kita mit einem offenen Konzept, ich brauche Vorschläge für ein pädagogisches Raumkonzept.“ Es gibt viele, viele Möglichkeiten.
Wie wichtig ist es, kritisch mit den Ergebnissen umzugehen, und was empfehlen Sie dazu?
Als erstes sollte man sicherstellen, keine personen- oder einrichtungsbezogenen Daten einzugeben. Erfahrene Kräfte werden die meisten Vorschläge und Anregungen bereits kennen. Überraschende Ideen sollte man eher nicht erwarten. Entscheidend ist, die Ergebnisse von ChatGPT kritisch zu prüfen und auf keinen Fall einfach so zu übernehmen. Für mich ist es ein Tool für Profis in ihrem Arbeitsfeld, die sich gut auskennen und ChatGPT nutzen, um ihr eigenes Wissen gegenzuchecken.
Die KI bietet darüber hinaus gute Inspirationen und Ideen, aber man sollte sicherstellen, dass die Ergebnisse zu einem selbst passen. Besonders bei der zwischenmenschlichen Kommunikation sind Spontaneität und die persönliche Note wichtig. Es ist ratsam, die Texte zu überarbeiten und darauf zu achten, dass sie die eigene Persönlichkeit widerspiegeln. Dann ist ChatGPT auch für die Kita ein Gewinn.
Artikelfoto: Canva
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