Die Selbsthilfe lebt von Engagement, Austausch und der Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Die Selbsthilfeakademie NRW unterstützt seit zehn Jahren Selbsthilfe-Aktive dabei, mit neuen Impulsen in ihre Gruppen zu gehen. Drei erfahrene Selbsthilfe-Aktive berichten zum Jubiläum über ihre Erfahrungen mit den Weiterbildungsangeboten der Selbsthilfeakademie NRW.
Selbsthilfe neu denken
Seit 2015 ist Rainer Heinzerling bei den Guttemplern aktiv, die bundesweit als Sucht-Selbsthilfeorganisation arbeiten. Sein Schwerpunkt liegt in der digitalen Selbsthilfe: Als Teil des Projekts „Sober Guides“ begleitet er individuell Menschen auf ihrem Weg aus der Sucht, in Einzelgesprächen, die telefonisch, online oder face-to-face stattfinden. „Die Selbsthilfe ist eine unglaublich bereichernde Gemeinschaft,“ sagt Heinzerling, „Präventionsarbeit macht nicht nur Spaß, sie stabilisiert mich selbst.“
Seminare der Selbsthilfeakademie NRW schätzt Heinzerling vor allem für ihre Vielfalt: „Ob Improtheater, Resilienztraining oder Social-Media-Workshops – ich nehme immer neue Impulse mit, die ich in meiner Arbeit anwenden kann.“ Besonders hebt er hervor, dass er nicht nur neues Wissen gewinnt, sondern auch eine Plattform für Vernetzung und gegenseitige Unterstützung über mehrere Generationen hinweg und ohne Konkurrenzdenken.
Zwar sieht er Herausforderungen für die Selbsthilfe, wie den Generationenwechsel, aber auch Chancen, jüngere Menschen mit modernen Ansätzen wie über Social Media anzusprechen: „Eine anspruchsvolle Aufgabe, die die Selbsthilfeakademie NRW für mich bislang sehr gut moderiert und unterstützt hat.“
Social Media als Brücke zu neuen Zielgruppen in der Selbsthilfe
Stefanie Frenz ist in der Frauenselbsthilfe Krebs aktiv, einer der größten Selbsthilfeorganisationen Deutschlands. Als stellvertretende Vorsitzende des Patient*innenbeirats des Westdeutschen Tumorzentrum Netzwerks der Universitätskliniken Essen und Münster liegt ihr Fokus auf der Arbeit mit Social Media, um jüngere Betroffene anzusprechen.
„Wir möchten Krebsbetroffene erreichen, die wir mit klassischen Angeboten nicht abholen. In der Regel handelt es sich um erkrankte junge Betroffene, die wir immer mehr online informieren“ erklärt sie. Seminare der Selbsthilfeakademie NRW, etwa zu Videoerstellung oder Theatermethoden, haben ihr geholfen, praxisnah und kreativ neue Formate für die sozialen Netzwerke zu entwickeln. „Das Theaterseminar hat mich persönlich gestärkt – ich habe gemerkt, dass ich Dinge schaffen kann, die ich mir vorher nicht zugetraut hätte.“
Stefanie Frenz betont die Bedeutung von Weiterbildung in der Selbsthilfe: „Ohne Weiterentwicklung bleiben wir stehen. Die Selbsthilfeakademie NRW ist für mich eine Art Selbsthilfegruppe, in der wir uns gegenseitig bestärken und gemeinsam wachsen.“ Ihr Wunschthema für die Selbsthilfe der Zukunft? Der Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT, um die Arbeit in schwierigen Situationen zu erleichtern.
Selbsthilfeakademie NRW
Kernaufgabe der Selbsthilfeakademie NRW ist, Fort- und Weiterbildungsangebote für Selbsthilfegruppen und -organisationen in Nordrhein-Westfalen zu entwickeln und durchzuführen. Gefördert auf Projektbasis von der AOK Rheinland-Hamburg und AOK NORDWEST und in Trägerschaft der Gesellschaft für Soziale Projekte des Paritätischen NRW, startete das Angebot 2015 mit einer Modellphase und hat sich seitdem stetig entwickelt und etabliert. Für die Umsetzung ist die Paritätische Akademie NRW verantwortlich.
Selbstwert stärken durch Austausch und Struktur
Gabriela Siekmann engagiert sich seit mehr als 20 Jahren in der Selbsthilfe und leitet die Gruppe „Selbstwert“ in Münster. Die Herausforderungen, denen sie begegnet, reichen von der Belastung durch berufliche und private Anforderungen bis hin zu gesellschaftlichen Stigmata gegenüber psychischen Erkrankungen. Deshalb sieht sie wichtige aktuelle Themen in der Achtsamkeit und der Resilienz, da Menschen von außen immer mehr Druck bekämen.
„Unsere Gruppenarbeit ist ein sicherer Raum, in dem Menschen sich austauschen und voneinander lernen können, um ihren Selbstwert zu steigern und mit psychischen Belastungen besser zurecht zu kommen. Die langen Wartezeiten für Therapien und die wachsende Nachfrage machen Selbsthilfegruppen zu einem immer wichtigeren Anlaufpunkt“, beschreibt sie die Gruppe und welchen Stellenwert sie mittlerweile einnimmt.
Methodische Vielfalt – etwa Achtsamkeitsübungen, Rollenspiele oder gemeinsam an Texten zum Thema Selbstwert zu arbeiten – prägt ihre Arbeit. Die Seminare der Selbsthilfeakademie NRW empfindet sie als essenziell für ihre Tätigkeit. „Ich habe gelernt, mit Konflikten in der Gruppe konstruktiv umzugehen und neue Methoden einzusetzen”, sagt Gabriela Siekmann, “ohne diese Fortbildungen hätte ich meine Gruppe nicht so lange zielführend leiten können.”
Kommentieren