Geflüchtete Menschen müssen die Sprachbarriere überwinden, um sich in Deutschland zurecht zu finden. In Sprachkursen der Paritätischen Akademie NRW lernen Frauen aus der Ukraine beim Verein F. e.V. aus Pulheim den Alltag in deutscher Sprache kennen.
Als der Krieg in der Ukraine begann, waren die Mitglieder des F. e.V. wie viele andere Menschen einfach fassungslos. Schnell war klar, dass den geflüchteten Frauen aus Osteuropa geholfen werden soll. “Die meisten Frauen, die unseren Verein besuchen, müssen für ihre minderjährigen Kinder sorgen, während Ehemänner und ihre erwachsenen Söhne und Töchter derweil in der Heimat kämpfen. Das ist eine ungeheure Belastung für die geflüchteten Frauen”, sagt Barbara Sternberger-Frey, eine der drei Vereinsvorsitzenden.
Das größte Nadelöhr für Menschen, die in ein anderes Land kommen, ist die Sprachbarriere. In der neuen Umgebung bricht es meist über die Geflüchteten hinein, sie müssen erstmal ihr Leben organisieren und dabei mit einer anderen Form der Bürokratie zurechtkommen – ohne Sprachkenntnisse kaum zu schaffen. Die Paritätische Akademie NRW bietet in Kooperation mit dem Verein deshalb seit April Sprachkurse an. Mittlerweile lernen dort regelmäßig mehr als 20 ukrainische Frauen und Kinder Deutsch.
Wir können die Frauen nicht alleine lassen, das geht nicht.”
Barbara Sternberger-Frey
Für den F. e.V. ist die Hilfe für geflüchtete Frauen nicht neu. Es gibt den Verein seit über 30 Jahren. Er ist in Pulheim hauptsächlich bekannt durch das Café F, mitten in der Innenstadt, in dem Veranstaltungen stattfinden und auch ein Mittagstisch angeboten wird. Den nutzen auch Senior*innen gerne. Hauptsächlich richtet sich der Verein an Frauen, die beraten werden – zum Beispiel beim Thema Gewalt gegen Frauen. Er ist aber generell sehr breit aufgestellt für einen relativ kleinen Verein mit acht bis zehn ehrenamtlichen Helfer*innen. Seit über 20 Jahren können Besucherinnen aus einem breiten inhaltlichen Bildungsangebot auswählen, welches die Paritätische Akademie NRW in Kooperation mit dem F. e.V. vor Ort durchführt. Von Themen wie Qigong über Gehirnjogging bis hin zur nachhaltigen Geldanlage kommen Frauen unterschiedlichen Alters ins Gespräch und tauschen sich aus.
Schon für die syrischen Geflüchteten, die rund um 2015 nach Deutschland kamen, hat der Verein Unterstützung geleistet. Im Treff “Gemeinsam ist uns allen das Frausein” wurden schon damals viele unterschiedliche Fragen, auch zu kulturellen Besonderheiten, diskutiert. Viele Frauen aus Syrien berichteten damals über ihre Erlebnisse. Das hat auch bei den Vereinsmitgliedern Spuren hinterlassen. “Deshalb war uns von Anfang an klar, dass wir uns für die ukrainischen Frauen einsetzen werden, die nach Pulheim kommen. Wir können die Frauen nicht alleine lassen, das geht nicht”, sagt Barbara Sternberger-Frey.

Schnelle Erfolge im Sprachkurs
Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation freut sich der Verein, die Paritätische Akademie NRW als starke Bildungspartnerin an seiner Seite zu wissen. Mit den Deutschkursen für geflüchtete Frauen und Kinder kann das Nadelöhr Sprachbarriere passiert werden und direkt vor Ort erste Integrationshilfe geleistet werden. Im ersten “Deutschkurs für Geflüchtete: Deutsch für Anfänger*innen” machen regelmäßig bis zu 25 Teilnehmerinnen mit. Sie lernen einmal die Woche in 90 Minuten die lateinische Schrift lesen und schreiben und sie lernen, sich in Alltagssituationen zu verständigen. Die Kurse sind im April gestartet und bieten schnelle Erfolgserlebnisse. In den Gesichtern der Frauen ist abzulesen, dass sie immer mehr Verständnis für die deutsche Sprache entwickeln und sich über ihren Fortschritt freuen. Dann kommt es zu sehr herzlichen Szenen und viel Dankbarkeit gegenüber den Unterstützenden.
Der Kurs wird von einer Deutschlehrerin und einer Übersetzerin geleitet sowie von einer ehrenamtlichen Helferin begleitet. Dadurch, dass sich drei Personen um die Teilnehmerinnen kümmern, kommen auch stillere Menschen gut voran. Zudem hilft die Übersetzerin allen, die komplizierte deutsche Grammatik zu verstehen. “Als Verein möchten wir die Frauen gerne flankierend zu den Bildungsangeboten in ihrem Alltag unterstützen. Dazu brauchen wir aber Dolmetscher*innen, die fundiert auch Behördensprache übersetzen können. Es ist momentan schwierig, an Dolmetscher*innen für Ukrainisch zu kommen”, sagt Barbara Sternberger-Frey.
Verein hilft mit großem Netzwerk weiter
Mehr als 400 geflüchtete Menschen aus der Ukraine sind offiziell in Pulheim gemeldet. Wie kann der Verein die Frauen erreichen? Das Café F hat zunächst einen Standortvorteil – es liegt mitten in der Stadt. Das Netzwerk des Vereins ist groß, es wurden Flugblätter in ukrainischer Sprache gedruckt und viele Bürger*innen haben Geflüchtete aufgenommen. Meist haben sie die Ukrainerinnen beim Café F angemeldet. Geflüchtete kommen mit unterschiedlichen Fragen zum Verein. “Sie kommen mit einem kleinen Koffer nach Deutschland und brauchen alles, was man zum Leben braucht. Der ganz normale Alltag ist schon eine wahnsinnige Überforderung. Hinzu kommt die deutsche Bürokratie und die Sprachhürde”, sagt Barbara Sternberger-Frey.
Der erste Kontakt zum Verein sei unterschiedlich. Die Helferinnen können unterstützen, indem sie die Frauen in ihr Netzwerk weiterleiten. Über Themen wie psychotraumatische Erlebnisse könne der Verein gar nicht fundiert sprechen, dazu brauche es Unterstützung durch professionelle Dolmetscher*innen und Psychotherapeut*innen. Gerade in Momenten, in denen man die Verunsicherung und die Belastung spüre, sei es schwierig nicht sofort helfen zu können. Aber der Verein leistet dann Unterstützung dabei, dass die Frauen Anlaufstellen aufsuchen können, die sich fachspezifisch kümmern.
Weitere Infos
Der Verein F.e.V. wurde aus einem politischen Frauenstammtisch gegründet. Die Teilnehmerinnen wollten sich schon damals für mehr Gleichberechtigung und Unterstützung von Frauen einsetzen. Der “Deutschkurs für Geflüchtete” wird von der Paritätischen Akademie NRW in Kooperation mit F.e.V. im Rahmen des Bildungsnetz Parität veranstaltet. Bildungsangebote im Bildungsnetz Parität ermöglichen Bildung vor Ort mit niedrigschwelligen Zugängen.
Artikelfoto: F. e.V.
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