• Start
  • Menschen
  • Fokus
  • Start
  • Menschen
  • Fokus

Das Arbeitsrecht in Zeiten des Coronavirus

26. März 2020

Viele Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen befinden sich durch die Corona-Krise in einer unsicheren Situation. Diplom-Juristin Corinna Kaufhold informiert aktuell in Online-Lernangeboten, wie es um das Arbeitsrecht steht. Im Interview beantwortet sie vorab Fragen zum Thema.

Frau Kaufhold, wie groß schätzen Sie die Unsicherheit in der aktuellen Situation bei Arbeitnehmer*innen ein?

Ich glaube, die Verunsicherung ist groß, weil viele Arbeitnehmer*innen weitreichende Konsequenzen wie Lohneinbußen oder sogar Kündigungen befürchten. Durch die Schließung von Kindertagesstätten und Schulen entsteht viel Organisationsbedarf. Gleichzeitig bekomme ich mit, dass viele Arbeitgeber*innen auf dem kurzen Weg versuchen, ihre Arbeitnehmer*innen nicht alleine zu lassen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, unabhängig von den sich aktuell stetig ändernden rechtlichen Vorgaben.

Corinna Kaufhold. Foto: privat

Fürchten Arbeitnehmer*innen aus gesundheitlichen Gründen auch den sozialen Kontakt, der im Büro entsteht?

Sicherlich – allein wenn ein*e Kolleg*in schon hustet, die*der einem gegenüber sitzt, entsteht Unsicherheit. Viele fragen deshalb: Kann ich einfach zuhause bleiben, wenn ein*e Kolleg*in Symptome zeigt. Trotz dieser menschlich nachvollziehbaren Sorge ist man allerdings weiterhin rechtlich verpflichtet, der Arbeit nachzugehen. Ich darf aufgrund dieser Angst nicht einfach meiner Arbeit fernbleiben. Arbeitgeber*innen haben andererseits natürlich sehr viel Fürsorge zu leisten, was sie*er für Schutzmaßnahmen leisten muss. 

Was verunsichert Arbeitgeber*innen?

Sie sind natürlich durch die gesamte wirtschaftliche Situation extrem betroffen. Sie stellen sich die Frage: Wie können wir mit dem Personal, das wir zur Verfügung haben, den Betrieb ohne persönliche Gefährdung für die Mitarbeitenden aufrecht halten? Im sozialen Bereich kommt häufig die Verpflichtung gegenüber und Sorge um die Nutzer*innen, Klient*innen oder Bewohner*innen hinzu. Wie können alle beteiligten Menschen umfassend geschützt werden – vom eingeschränkten Kontakt über die Nutzung von Desinfektionsmittel bis zur Schutzkleidung?

Die einen haben gesundheitliche und finanzielle Sorgen, die anderen wollen den Betrieb aufrecht erhalten – ist das nicht ein großer Zwiespalt?

Nicht umsonst richtet Bundesarbeitsminister Hubertus Heil einen dringenden Appell an beide Seiten, pragmatische und einvernehmliche Lösungen zu finden, bei denen beide Perspektiven im Blick behalten werden und man sich entgegenkommt. 

Zur Person

Corinna Kaufhold ist Diplom-Juristin, Mediatorin und Coach. Für die Paritätische Akademie NRW gibt sie aktuell Online-Lernangebote zum Thema “Aktuelle Fragestellungen aus dem Arbeitsrecht in der Corona-Krise”. Darin informiert Sie über die aktuellen arbeitsrechtlichen Themen.


Was müssen Arbeitgeber*innen leisten, um ausreichend fürsorglich zu sein? 

Zum einen bestand generell und auch schon vor der Corona-Krise die Pflicht seitens der Arbeitgeber*innen, für ausreichende Schutzmaßnahmen im Dienst zu sorgen. Zum anderen hat sich das durch die aktuelle Situation verschärft. Wichtig sind Aufklärung und Schutzmaßnahmen. Verhaltensregeln nach den Hygienevorschriften müssen aufgestellt und sollten durch Aushang bekannt gegeben werden, dazu zählen das Verbot des Händeschüttelns, die Anweisung zu regelmäßigem Händewaschen oder das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln. Bestimmte Verhaltensweisen müssen untersagt werden. Zum Beispiel sollen Sozialräume im Unternehmen nicht mehr genutzt werden, es soll keine Ansammlungen mehr in einzelnen Räumen wie Küchen geben. Dazu zählt, dass Erkrankte oder unter dem Verdacht der Ansteckung stehende Arbeitnehmer*innen freigestellt werden können.

Haben Arbeitnehmer*innen einen Anspruch auf Homeoffice? 

Kurze Antwort: Nein. Genau wie ein*e Arbeitgeber*in nicht das Recht hat, Homeoffice anzuordnen. Das hat damit zu tun, dass die Wohnung ein grundrechtlich geschützter Bereich ist. Weil in der Corona-Krise staatliche Gesundheitsbehörden Lösungen für die Arbeit zuhause empfehlen und von Arbeitgeber*innen umgesetzt sehen wollen, wurde der Zugang allerdings aktuell stark vereinfacht – zum Beispiel für das sogenannte mobile Arbeiten, das sich vom Homeoffice unterscheidet.

Unter mobilem Arbeiten ist zu verstehen, dass Arbeitnehmer*innen ein mobiles Endgerät (z.B. Laptop) zur Verfügung gestellt bekommen und ihre Arbeit an typischerweise wechselnden Orten außerhalb des Betriebes ausüben. Das kann im Zug sein, im Hotel oder zuhause. Dabei muss man nicht die strengen Auflagen erfüllen wie für einen klassischen Homeoffice-Arbeitsplatz nach der Arbeitsstättenverordnung. Arbeitnehmer*innen müssen dabei lediglich erreichbar sein. Bei beiden Modellen gelten allerdings die Arbeitsschutz- und Arbeitszeitgesetze. So müssen Arbeitgeber*innen die Beschäftigten zum Beispiel über Sicherheit und Gesundheitsschutz während ihrer Arbeit unterweisen.

Welche Rahmenbedingungen muss man denn beachten, um sicher von zuhause arbeiten zu können? 

Für das Arbeiten im Homeoffice hat die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) auf ihrer Internetseite ein sehr anschauliches Poster veröffentlicht. Aktuell kann allerdings nicht erwartet werden, dass wie für Homeoffice üblich auf die Schnelle ein eigener Büroraum zur Verfügung steht. Das mobile Arbeiten betrifft das wie bereits erwähnt nicht. Wenn arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen erfüllt sind, ist das mobile Arbeiten der einfachere Zugang. Hierbei hilft eine Checkliste des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft (IFAA).

Unabhängig davon, welches Modell Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen wählen: Wichtig ist es, die Rechte und Pflichten beider Seiten festzuhalten. Eine Betriebsvereinbarung ist daher sinnvoll. Themen wie Arbeitsmittel, Datenschutz, Haftung, Kosten und Widerrufsmöglichkeiten sollten dabei einen festen Bestandteil darstellen.

Wie halten Sie sich als Arbeitsrechtlerin in der aktuellen Situation auf dem Laufenden – die Nachrichtenlage ändert sich momentan gefühlt stündlich.

In diesen Zeiten gibt es bei einigen Fragestellungen zur aktuellen Situation noch keine Rechtssicherheit. Die Informationsquellen der Bundesministerien geben fast täglich aktualisierte Informationen heraus. Viele Absprachen, die mit Arbeitnehmer*innen vereinbart werden, habe den Charakter der Freiwilligkeit. Es gilt, einvernehmliche Lösungen mit Blick auf die Gesamtsituation zu finden. Der Appell der Bundesministerien ist, gemeinsam kreative Ideen und Lösungen zu finden. Die anwendbaren Gesetze, Verordnungen und sonstige Vorschriften können sich kurzfristig ändern. Deshalb sollte man immer die aktuellen Veränderungen verfolgen.

Haftungsausschluss

Der Inhalt dieser Thematik ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden und stellt keine Beratung dar. Das Thema kann im Einzelfall auch nicht die Beratung durch eine*n Anwalt*Anwältin ersetzen. Die Komplexität und der ständige Wandel der Rechtsmaterie machen es notwendig, Haftung und Gewähr unsererseits auszuschließen.


Artikelfoto: © Suteren Studio/Adobe Stock

ArbeitsrechtCoronaCoronavirusHomeofficeMobiles Arbeiten
Teilen

Allgemein  / Top-Themen

Redaktion Bildung erleben

Dir gefällt vielleicht auch

Resilienz kann man üben
10. März 2021
Die Krise erfordert Kreativität
1. Oktober 2020
Online-Beratung als Schlüssel
25. Mai 2020

Kommentar


Andreas Lampe
21. June 2021 um 13:46
Antworten

Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Arbeitsrecht in Zeiten von Corona. Interessant, dass es für diese neue Situation noch keine Rechtssicherheit für arbeitsrechtliche Vorgänge gibt. Deshalb kann ich mir gut vorstellen, dass man sich bei Unsicherheiten mit einem Gespräch mit einem Rechtsanwalt absichern sollte.



Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

  • Folgt uns auf

  • Tags

    Digitalisierung Fachmessen Familienbildung Führungskräfte Integration Kinder und Jugendliche Kita Menschenrechte Messen Weiterbildung
  • Kategorien

    • Allgemein (70)
    • Events (5)
    • Fokus (12)
    • Menschen (14)
    • Top-Themen (53)
  • Neueste Kommentare

    • Will Niemer bei Menschen aus den Schulden helfen
    • Redaktion Bildung erleben bei Menschen aus den Schulden helfen
    • Hanna A. bei Menschen aus den Schulden helfen
    • Andreas Lampe bei Das Arbeitsrecht in Zeiten des Coronavirus
    • Diese Messen und Fachtage sind 2021 in der Sozialen Arbeit geplant - Bildung erleben bei Online-Beratung als Schlüssel
  • Archive

    • Dezember 2022
    • November 2022
    • September 2022
    • Juli 2022
    • Juni 2022
    • Mai 2022
    • April 2022
    • März 2022
    • Januar 2022
    • November 2021
    • Oktober 2021
    • September 2021
    • Juli 2021
    • Mai 2021
    • April 2021
    • März 2021
    • Februar 2021
    • Januar 2021
    • November 2020
    • Oktober 2020
    • September 2020
    • Juli 2020
    • Juni 2020
    • Mai 2020
    • April 2020
    • März 2020
    • Februar 2020
    • Januar 2020
    • Dezember 2019
    • November 2019
    • Oktober 2019
    • September 2019
    • Juli 2019
    • Juni 2019
    • Mai 2019
    • März 2019
    • Januar 2019
    • Dezember 2018
    • November 2018
    • Oktober 2018
    • September 2018
    • August 2018
    • Juli 2018
    • Juni 2018
    • Mai 2018
    • April 2018
    • März 2018
    • Februar 2018
    • Januar 2018
    • Dezember 2017
    • November 2017


  • Blog-Infoservice

    Lass dich automatisch per Mail über neue Beiträge in unserem Blog informieren:

    Hinweis: Unser Infoservice ist kostenlos und Du kannst dich jederzeit wieder abmelden.

    Die Angabe von Vor- und Nachnamen ist freiwillig. Unsere Datenschutzbelehrung findest Du hier.

    Toll, dass Du dich einträgst. Bitte prüfe deinen Posteingang oder Spam-Ordner, um dein Abonnement zu bestätigen.

  • Letzte Artikel

    • Kinder für nachhaltiges Handeln begeistern 8. Dezember 2022
    • “Kinder müssen ihren Körper und Grenzen kennenlernen” 3. November 2022
    • Mit Deutsch durchs Nadelöhr 22. September 2022
  • Wichtige Links

    • Impressum
    • Datenschutzerklärung
    • Cookie-Einstellungen
    • Sende uns eine Mail
    • Archiv aller Artikel
  • RSS-Feed


internetgarden.de®